Anthologies visuelles 01

Die Ausstellung mit Werken von Michael Wesely im Goethe Institut Bordeaux zeigt eine Auswahl von Themen und Motiven, mit denen der Künstler zum Teil weltweit bekannt geworden ist: Architektur (insbesondere von Mies van der Rohe), Orte in Veränderungsprozessen (wie der Potsdamer Platz), Porträts, Stillleben und Landschaften. Seine Bilder sind immer von sehr langen Belichtungszeiten zwischen fünf Minuten bis hin zu mehreren Jahren geprägt. Die Ausstellung ist zugleich die erste größere Präsentation von Werken des Künstlers in Frankreich.

Dr. Joachim Jäger (Direktor Neue Nationalgalerie, Berlin) sagt hierzu:
„Mit seinen fotografischen Arbeiten durchbricht der in Berlin lebende Künstler Michael Wesely viele Gewissheiten, die wir mit der Fotografie verbinden. Das Schnelle, das Festhalten eines besonderen Augenblicks, die Dokumentation einer außergewöhnlichen, vielleicht gar einmaligen Situation – all das gibt es in der Fotografie von Michael Wesely nicht. Seine Bilder entstehen extrem langsam, brauchen Minuten, Stunden, manchmal gar Wochen oder Monate der Aufzeichnung. Was wir in diesen Fotos damit sehen, ist eigentlich gar nicht ein einzelnes fotografisches Bild, sondern eine nicht mehr nachvollziehbare Summe von hintereinander entstehenden Bildern, die sich am Ende in einer einzigen Ansicht zusammenfinden.

Die Fotografie von Michael Wesely funktioniert damit eher wie ein Speichermedium bzw. Archiv, in dem sich nicht ein besonderer Moment, sondern eine längere Zeitspanne, ein Prozess einschreibt. Gerade erst die Langzeitfotografie zeigt die Veränderungen, die mit der Erddrehung, dem Aufgehen und Untergehen der Sonne, dem Gehen und Vergehen des Lebens verbunden sind. Anders als der Film beispielsweise löscht sich in dieser Art der Fotografie das bewegte Leben aus. Denn in der Überlagerung der vielen Einzelaufnahmen, die vom Künstler früher noch analog (mit selbstgebauten Großformatkameras und dazu passender Optik), heute mit digitalen Apparaten hergestellt werden, bleiben nur die stillen, unbewegten Dinge und Menschen sichtbar. Alles Rasche, Flüchtige, Momentane ist in dieser Fotografie ausgeblendet.“

Im Rahmen von FOTOHAUS Bordeaux 2023 (5. – 30. April 2023)